Die Zerstörung von Montecassino
(II,17,1)
GREGOR: Ein vornehmer Mann namens Theoprobus war den Mahnungen des Vaters Benedikt gefolgt und wurde Asket. Er führte ein vorbildliches Leben und genoss deshalb sein großes Vertrauen. Eines Tages kam er in Benedikts Zelle und sah, wie er bitter weinte. Er wartete lange und merkte, dass die Tränen kein Ende nahmen. Der Mann Gottes weinte, nicht wie er es bisweilen beim Beten tat, sondern aus großem Kummer. Da fragte er ihn nach dem Grund seiner Trauer. Der Mann Gottes erwiderte: »Dieses ganze Kloster, das ich erbaut habe, und alles, was ich für die Brüder eingerichtet habe, ist nach dem Ratschluss des allmächtigen Gottes fremden Völkern preisgegeben. Nur mit Mühe habe ich erreichen können, dass mir das Leben der Brüder zugestanden wurde.«
(II,17,2)
Theoprobus hörte damals diese Worte; wir aber sehen ihre Erfüllung. Wir wissen, daß das Kloster vor kurzem von den Langobarden zerstört worden ist. Nachts, als die Brüder schliefen, drangen sie dort ein und plünderten alles, konnten aber keinen einzigen Menschen ergreifen. So erfüllte der allmächtige Gott, was er seinem treuen Diener Benedikt versprochen hatte: Wenn er auch Hab und Gut den Eroberern preisgebe, werde er doch das Leben der Menschen schützen. Ich sehe, dass es Benedikt hier wie Paulus ergangen ist [vgl. Apg 27,22-24]. Auch dieser musste erleben, dass sein Schiff die ganze Ladung verlor; zu seinem Trost durfte er aber erfahren, dass ihm das Leben all seiner Begleiter geschenkt wurde.